Kreativ ist, was gefällt.
Beispiel 1 - Gähnende Leere
Es ist gar nicht lange her, dass wir bei Freunden eingeladen waren. Als wir im Vorfeld mit anderen Bekannten darauf zu sprechen kamen, was wir mitbringen sollten, empfahlen uns diese: Am besten nichts.
Zu diesem Zeitpunkt schien es mir sehr unpassend mit leeren Händen vor der Tür unseres Gastgebers zu stehen. Als wir aber die Türschwelle überschritten hatten, war ich aber dankbar für den Tipp unserer Bekannten. Denn so einen auf Reduktion und Zurückhaltung "getrimmten" Haushalt hatte ich mein Lebtag nicht gesehen. Unsere Geschenke hätten optisch einfach nur gestört.
Alle Möbel – die Couch inklusive, die man kaum wagte zu besitzen – waren von einem makellosen weiß und standen auf einem grobholzigen Dielenboden. Alle Möbel? Auf den gefühlten 250 qm Wohnzimmerfläche waren dies außer dem riesigen Esstisch kaum zwei andere Einrichtungsgegenstände. Weiß und leer: Ist das kreatives Wohnen?
Beispiel 2 - Kein Durchkommen
Anders der Stilmix, der sich mir kürzlich bei meinem spontanen Besuchs eines Ex-Arbeitskollegen und seiner Frau bot. Hier gab es kein klar erkennbares Konzept. Vielmehr machte es den Eindruck, sich in einer Rumpelkammer, auf einem Kreativflohmarkt zu befinden. Alle Leerräume waren regelrecht mit Fundstücken jeglicher Couleur zugestopft und es galt sich nahezu seinen Sitzplatz zu erklimmen. Alles in allem war ich aber sehr positiv beeindruckt – die Wohnung atmete sehr viel Persönlichkeit aus und unter der vorgetäuschten Unordnung war erkennbar, mit wie viel System und Liebe zum Detail meine beiden Freunde vorgegangen waren. War das kreatives Wohnen?
Beispiel 3: Meine Familie und ich
Meine Frau und ich sind wohl so etwas wie Konzeptverweigerer. Die Wohnung folgt keinem der zwei obigen Beispiele sondern ist, wenn man so will, ein buntes Etwas, von dem ich nicht mal zu behaupten wagte, es gäbe irgendeine konkrete Idee. Unsere Einrichtung enthält zweckmäßiges und zweckloses in einem fast unsystematisch wirkendem Miteinander. Für uns aber, die wir die Geschichte der einzelnen Möbelstücke, ja, fast jeder einzelnen Tapetenbahn kennen, ist unser Wohnraum der unprätentiöse Spiegel unserer selbst. Auch das kann und darf kreatives Wohnen sein: Der ungekünstelte Ausdruck der Persönlichkeit seiner Bewohner.